Einblicke in das kreative Schaffen einer bildenden Künstlerin, DJ und Kunstlehrerin.
Theresa, beschreibe den Entstehungsprozess deiner Arbeiten – Rausch oder Strategie?
Rausch und Strategie gehen eine wechselseitige Beziehung zueinander ein.
Der Rausch bringt manchmal vielleicht die Strategie für die gewählte Ausdrucksform und deren Wirkung mit auf den Weg, aber es ist bestimmt nicht der Rausch, der die Kunst hervorbringt, sondern ein sich immer weiter füllender Werkzeugkoffer der Strategien – ein solcher Werkzeugkasten sieht bei jeder*m Künstler*in anders aus. Einen rauschhaften Zustand dagegen kann man auf vielfältige Weise verstehen. Im künstlerischen Bereich würde ich sagen, ist er vielleicht eine nicht greifbare Phase im Prozess, in der man Kontrolle aufgibt und fast meditativ auf eine Art zum Roboter seines schöpferischen Handelns wird, während der Kopf nur noch Gedanken zulässt, die der Sache dienen.
Die Wechselseitigkeit der beiden Begriffe spiegelt sich in meiner praktischen Arbeit wider: Vor manchen Arbeiten mache ich mir lange Gedanken zu Techniken und Materialien auf dem Weg zur Realisierung, bei anderen geh ich spontan ran. Früher hab ich alles Planerische versucht zu umgehen. Genau darin fand ich Entspannung, eben in der Kunst nicht regelrecht vorgehen zu müssen. Das ist sicher nach wie vor ein wichtiger Wesenszug meiner Arbeiten – ich habe selten die eine Endversion im Kopf, sondern ich wähle bewusst Verfahren aus, wo Material und Technik nicht vollkommen kontrollierbar sind, sondern ihren eigenen Anteil im Prozess leisten. Dann ist das Endergebnis oft auch unerwartet anders. Das mag ich aber. So ist das Leben ja auch.
»In der Kunst interessiert mich vor allem, wenn sich persönliche Einstellungen und Haltungen auf das Werk authentisch übertragen.«
Der Druck als Technik lässt bis kurz vor Vollendung des Werks eine hohe Flexibilität in der Komposition zu.
Ist Kunst Expression oder Impression?
In der Kunst interessiert mich vor allem, wenn sich persönliche Einstellungen und Haltungen auf das Werk authentisch übertragen. Wenn Kunst kontrovers ist und ein individueller Blick auf Dinge. Dass ich mich im Kunstwerkausdrücke, bewirkt hoffentlich, dass es jemand anderes beeindruckt.
Wen bildest du in deinen Arbeiten ab?
Das ist unterschiedlich. Ich habe das selbst erst vor kurzem richtig verstanden, warum manche Charaktere immer wieder auftauchen.
Was mich mit den meisten Künstler*innen eint, ist, dass sich mein bisheriges Werk in der Rückschau phasieren lässt. Als Studentin habe ich ständig nach Radikalem gesucht, mich für Nazis und hochgereckte Fäuste, gerecht und ungerecht, Sektenkult und Protestgruppen, Unterdrückte und Unterdrücker interessiert. Mit meiner Rolle als DJ kam wieder eine stärkere Nähe für die Menschen, es wurde auch positiver irgendwie, mehr Farbe, mehr Zwischentöne, mehr Menschlichkeit. Seit sich alle so zu Hause eingeigelt haben, pendelte ich wieder stärker zum Ich. Ich habe die Druckerpresse angeschafft. Der Druck ermöglicht mir das Festhalten und gleichzeitige Loslassen. Immer derselbe Ort etwa, ein bestimmter Platz am Neckar, hat mich zur Herausbildung romantischerer Charaktere inspiriert. Mehr nebulöse Phantasie ist jetzt dran, irgendwie passend zur Einsamkeitsstimmung der Pandemiezeit, fällt mir grade auf.
Harmonie oder Konflikt?
Konflikt bringt Bewegung. Bewegung ist wichtig.
Wann wird Kunst zur Dekoration?
Die spannendere Frage lautet für mich: Warum soll Dekoration per se was Plumpes sein? Wenn sich Kunst dem Dekozweck verschreibt, würde es mich sicher nicht ansprechen. Wenn mich aber etwas anspricht, kann es Tiefe haben und schön sein. Wenn es schön ist, darf es in meinem Wohnraum sein. Wenn etwas im Wohnraum ist, ist es Deko. Und vielleicht dennoch Kunst.
Wie lehrt man Kunst?
Ich hab Schule nicht nur nicht gemocht früher, ich habe Schule wirklich oft gehasst. Später hab ich mich aber irgendwie wieder dahin zurückgesehnt. Es war oft unglaublich lustig. Und auch wenn mir bei so vielen Lehrinhalten auch heute noch der Sinn fehlt, ich lehre Kunst.
Das vergangene Jahr hatte ich trotz oder (gerade wegen?) Corona das erste Mal richtig das Gefühl, dass das, was ich tue, auch wirklich bedeutsam für die Schüler*innen ist. Man darf ja nicht vergessen, dass die Schüler*innen keine Wahl haben, ob sie in die Schule gehen oder nicht. Hier wäre ja dann schon mal anzumerken, dass also alles, was in der Schule passiert, nicht ganz freiwillig sein kann. Freiwilligkeit und damit Freiheit ist aber ein Kunst-Essential. Das ist echt schwierig somit…
Aber es gibt diese Momente, wo man erkennt, dass die Schüler*innen große Lust drauf haben und die erreiche ich mittlerweile immer besser mit einer Mischung aus einem breiten Angebot an unterschiedlichen Materialien und immer auch vielen Freiheiten, die ich ihnen gewähre.
Musik und Bildende Kunst – trennst Du die beiden?
Nein. Aber beide spiegeln grundlegend andere Eigenschaften von mir. Ich bin gern alleine, wenn ich künstlerisch arbeite oder hab jemand bei mir, der mindestens genauso versunken in seine Arbeit ist, wie ich in dem Moment. Beim Auflegen bin ich natürlich auch auf eine Art allein, aber stärker mit der unmittelbaren Reaktion verbunden, da ist reale Kommunikation. Das ist vielleicht ein wesentlicher Unterschied. Wobei das auch bei life art anders ist zum Beispiel.